Unser ukrainischer Frühstückskoch Herr Ronis plaudert aus dem Nähkästchen und verrät wie probierfreudig die Deutschen eigentlich sind.

Hallo, ich bin Herr Ronis und ich komme aus der Ukraine. Ich lebe seit fast 20 Jahren mit meiner Familie in Deutschland und bin gelernter Koch.

Wie haben Sie die deutsche Sprache gelernt?

Als ich nach Deutschland gekommen bin, war ich in einem Programm, wo ich erstmal sechs Monate einen Deutschkurs besucht und dann in unterschiedlichen Küchen gearbeitet habe. Ich war unter anderem schon im Krongut in Potsdam und in Werder in einem Familienbetrieb tätig. Danach habe ich über viele Jahre in Berlin in verschiedenen Minijobs gearbeitet und seit zwei Jahren arbeite ich nun im INSELHOTEL Potsdam.

Da haben Sie ja schon eine aufregende Zeit hinter sich.

Herr Ronis: Ja, ich bin sehr froh, dass ich jetzt hier bin. Es ist ruhiger und der Küchenchef ist sehr nett. Ich arbeite jetzt in der Frühstücksküche und muss zum Glück nicht mehr am Abend arbeiten. Das wollte ich nicht mehr. Ich wollte eine familienfreundlichere Arbeitszeit. Ab und zu helfe ich auch mal gerne im Abendgeschäft mit.

Das Thema „Arbeitszeiten“ ist eine schwierige Thematik für alle Köche, oder? In den Interviews mit unserem Küchenchef Michael Friedel-Strempel, unserem ehemaligen Kochlehrling Herr Horning und unserem Sous Chef Constantin Schmidt haben wir auch schon über die Arbeitszeiten eines Koches gesprochen. Wie bringen Sie diesen Beruf mit Ihrer Familie unter einen Hut?

Herr Ronis: Ja, ich kenne das Problem. Das ist fast unvereinbar. Man arbeitet am Abend und an den Wochenenden, dann wenn die Familie zuhause ist. Ich habe immer gearbeitet und habe nicht viel von meinen Kindern mitbekommen. Deshalb genieße ich jetzt die Zeit hier so sehr und arbeite von morgens bis in den frühen Nachmittag.

Fehlt Ihnen da nicht das „richtige Kochen“? Denn als Frühstückskoch sind Sie für die Vorbereitung und das Anrichten des Frühstücksbuffets zuständig und bereiten auf Wunsch, für die Frühstücksgäste frische Eierspeisen und andere kleine Aufmerksamkeiten zu.

Herr Ronis: Nein, überhaupt nicht. Das habe ich so viele Jahre gemacht und ich durfte schon wirklich viele Erfahrungen im Kochgeschäft sammeln. Ich fühle mich jetzt im Frühstücksbereich sehr wohl und koche ja manchmal mal am Abend mit. (lacht) Das reicht doch!

Sie bereichern das internationale Küchenteam des INSELHOTEL Potsdam mit Ihrer ukrainischen Herkunft und kochen mit Kollegen aus Österreich, Syrien, Kamerun, Afghanistan und dem Kosovo. Wie fühlen Sie sich hier aufgehoben?

Herr Ronis: Das ist in den Küchen nun einmal so und ich kenne es nicht anders. Damit habe ich kein Problem.

Warum sind Sie aus der Ukraine weggegangen?

Herr Ronis: Als ich jung verheiratet war und meine Tochter zur Welt kam, wurde es immer schwieriger, einen guten Job als Koch zu finden. Meine Frau und ich wollten bessere berufliche Chancen für uns, aber auch für unser Kind, deshalb sind wir gegangen. Bevor wir nach Deutschland gekommen sind, hatte meine Frau auch schon einen Deutschkurs absolviert. Ich habe erst hier mit einem sechsmonatigen Sprachkurs begonnen. Aber sechs Monate sind einfach viel zu wenig, um die deutsche Sprache zu erlernen. Mein Glück war, dass ich in Werder in einem sehr netten Familienbetrieb arbeiten durfte. Dort habe ich bei der Arbeit viel von der deutschen Sprache gelernt. Ich bin jemand, der eher beim Miteinander und beim praktischen Erfahren lernt. Das war wirklich gut.

Da hatten Ihre Kinder es sicher viel einfacher eine neue Sprache zu erlernen?

Herr Ronis: Ja, das stimmt. Meine Töchter hatten mit der deutschen Sprache keine Probleme. Meine ältere Tochter war im Kindergartenalter und die Jüngere wurde in Deutschland geboren. Sie sprechen beide akzentfrei Deutsch. Da ist es eher die russische Sprache, die für sie schwieriger ist.

Wie oft besuchen Sie noch die alte Heimat?

Herr Ronis: Nicht mehr so oft. Es ist viel weniger geworden. Ich habe noch viele Freunde in der alten Heimat und war im letzten Jahr mal wieder da. Früher sind wir noch jedes Jahr gefahren. Aber das hat sich inzwischen geändert. Meine Eltern können uns nun auch ohne Visum in Deutschland besuchen. Das vereinfacht das Kontakthalten! Dazu kommt, dass wir nun schon fast 20 Jahre in Deutschland leben und hier unser Leben und unseren Freundeskreis aufgebaut haben. Somit ändern sich die Schwerpunkte.

Inzwischen sind Sie ein Potsdamer geworden.

Herr Ronis: Ja, ich bin ein Potsdamer und fühle mich hier zuhause. Aufgrund der großen Entfernung zwischen der Ukraine und Deutschland bleiben nun mal nur sehr enge Kontakte zur Familie und ein paar Freunden erhalten. Das ist doch ganz normal!

Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus?

Herr Ronis: Ich fühle mich jetzt sauwohl hier (lacht) und möchte weiterhin hier arbeiten. Ich habe heute auch übrigens mein zweijähriges Jubiläum hier im Hotel. In der Küche läuft es gut. Und der Küchenchef weiß gute Arbeit zu honorieren! Er bedankt sich, wenn alles gut läuft. Das gefällt mir, wenn ich ein positives Feedback und Anerkennung für meine Arbeit erhalte. Das macht eine gute Arbeit aus. (lacht) Ich muss auch mal sagen, dass aus meiner Erfahrung heraus, für den ganzen unangenehmen Stress, von dem immer gesprochen wird, immer der Küchenchef verantwortlich ist. Es liegt meist an der Führungsart! Denn ist der Küchenchef unzufrieden mit seiner Arbeit oder hat seine Mannschaft nicht im Griff, färbt diese schlechte Stimmung meist auf das gesamte Team ab. Das macht ganz viel aus. Es ist sicher unbestritten, dass die Arbeit in der Gastronomieküche anstrengend ist, aber es steht und fällt nun mal mit dem Küchenchef. Strahlt dieser eine gewisse Ruhe und Gelassenheit aus, ist das Arbeitsklima gleich viel angenehmer.

Haben Sie manchmal das Bedürfnis eigene Ideen für das Frühstück umzusetzen und wenn ja, welche?

Herr Ronis: Also aus meiner Erfahrung muss man da in Deutschland immer aufpassen. Einfach mal so etwas abändern, kommt bei den Gästen meist nicht so gut an! (lacht) Die Leute sind nicht immer so aufgeschlossen. Sicher gibt es auch immer mal wieder jemanden, der sich etwas Neues wünscht und auch probierfreudig ist. Aber die große Masse ist doch gegenüber exotischen Speisen bzw. Veränderungen erstmal etwas vorsichtig eingestellt. Deshalb sollte man meiner Meinung nach den Frühstücksstandard einhalten.

Sind die Deutschen nicht probierfreudig genug?

Herr Ronis: Teilweise. Es gibt inzwischen in den unterschiedlichsten Bereichen kulinarische Themenabende, zu denen man sich mal auf andere Speisekarten einlässt. Aber grundsätzlich bleibt es dann eben bei diesen speziellen Ausflügen. Es gibt neben der italienischen Küche nur noch zwei geschmackliche Richtungen die von Deutschen gerne gegessen werden. Das ist die türkische und die chinesische Küche. Es kommt natürlich auch immer darauf an, wo jemand aufgewachsen ist und mit welchen Geschmacksrichtungen er in Kontakt gekommen ist.

Was isst man denn gern in der Ukraine?

Herr Ronis: In der Ukraine isst man gerne die Hausmannskost. Auch das Obst und der Gemüseanbau sind dort besser. In der Ukraine ist es im Sommer sehr warm und die Erde ist zum Anbau von Obst & Gemüse ist gut. Es gibt dort mehr biologischen Anbau. Aufgrund der Temperaturen können natürlich auch Sorten angebaut werden, die in Deutschland aus klimatischen Gründen nicht wachsen. Während in Deutschland viele Produkte aus anderen Ländern importiert werden gibt es in der Ukraine mehr eigenen Anbau. Sicher, inzwischen kann man auch Obst und andere Gemüsesorten aus Italien kaufen. Aber ich finde geschmacklich gibt es da einen großen Unterschied.

Was ist denn typische Hausmannskost in der Ukraine?

Herr Ronis: (Denkpause)

Man merkt, Sie sind eher Deutsch als Ukrainisch, wenn das nicht mehr so spontan kommt. (Lachen)

Herr Ronis: Borschtsch (Gemüsesuppe mit Roter Bete) und auch Schmalz. Diese zwei Gerichte sind aufgrund der gemeinsamen Geschichte mit der russischen Küche vermischt. Aber Sie stammen ursprünglich aus der Ukraine.

Schmalz gibt es auch in Deutschland!

Herr Ronis: Ja, typischer Schmalz in der Ukraine besteht jedoch aus viel mehr Speck und weniger Schmalz. (lacht) Also, richtiger Schweinespeck, in der richtigen Qualität.

(Kleiner Hinweis der Autorin: Die Ukrainer sind für Ihre Liebe zum Speck bekannt. Der sogenannte Salo wird in der traditionellen Küche in vielen Variationen gereicht.)

Ist die Ukraine eine Reise wert?

Herr Ronis: Natürlich! Es gibt wunderschöne Städte mit toller Architektur und einer einmaligen Landschaft. Aber im Sommer ist davon abzuraten. Es ist sehr heiß dort.

(Interview vom 18. September 2018)

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